Das Titelbild hat eigentlich einen traurigen Hintergrund. Es zeigt Südliche Breitmaulnashörner, eine Unterart, die in Kenia ursprünglich gar nicht vorkommt. Somit handelt es sich eigentlich um Neozoen, die allerdings nicht wie hierzulande Waschbär, Mink oder Nutria versehentlich ins Land gelangten, sondern bewusst importiert wurden. Dieses Bild wurde aufgenommen auf der Solio Ranch – dem Ort, der 1980 Südliche Breitmaulnashörner nach Kenia holte.
Warum machte man dies? Kenia ist eigentlich Heimat vom Ostafrikanischen Spitzmaulnashorn und dem Nördlichen Breitmaulnashorn. Spitzmaul- und Breitmaulnashorn haben kein überschneidendes Territorium – die Variante mit dem breiten Maul nutzt den Mund gewissermaßen als Staubsauger über dem Boden und ernährt sich von Gras, während die Art mit dem spitzen Mund selbigen zum Abknipsen von Buschwerk nutzt. Die Solio Ranch war seit 1966 im Privatbesitz eines Mannes, der seiner Frau zuliebe einen Teil des Geländes – schlappe 55 km² – für Wildtiere absperrte. Nashörner waren auf dem Gelände nicht heimisch, hätten von den Gegebenheiten aber dort leben können. Dies erkannte der kenianische Staat 1970 trotz eines Bestands von noch 20.000 Ostafrikanischen Spitzmaulnashörnern, dass er die Tierart nicht selber vor Wilderern schützen kann und bat die Solio Ranch um das Einstellen einiger Tiere. In den folgenden zehn Jahren kamen insgesamt 27 Spitzmaulnashörner auf das Gelände – im gleichen Zeitraum verringerte sich der Bestand der Tiere in Kenia wie befürchtet um über 90% auf nur noch 1.500 Exemplare. Auf Solio erkannte man, dass das Gelände aber auch sehr gut für Breitmaulnashörner geeignet war. Das Problem: die Nördlichen Breitmaulnashörner waren schon so wenige, dass der Bestand im Grunde verloren war – 2008 starb das letzte Tier in freier Wildbahn, aktuell leben noch genau zwei Weibchen dieser Tierart, der letzte Bulle verstarb 2018. Also beschaffte man sich 1980 auf Solio vorausschauend die andere Unterart: 16 Südliche Breitmaulnashörner aus Südafrika.
Die Nashorngeschichte auf Solio ist ein überragender Erfolg. Alle Südlichen Breitmaulnashörner in Kenia stammen von den 16 importierten Tieren ab, so auch Mutter und Nachwuchs auf dem Titelbild. Ostafrikanische Spitzmaulnashörner sind hier allerdings ebenso weiterhin gut vertreten. Der Nashorn-Nachwuchs wurde nicht nur innerhalb von Kenia in Nationalparks und andere Schutzgebiete verteilt, sondern wurde auch an andere Staaten wie Malawi oder Uganda abgegeben. Wie fragil das Gebilde trotzdem ist, zeigt, dass auch auf Solio Anfang des Jahrtausends binnen fünf Jahren 30 Nashörner gewildert wurden – dies war allerdings der Beginn für weitere Schutzmaßnahmen und ein intensives Monitoring, was man bis dahin noch gar nicht betrieb.
Weitere Impressionen von der Solio Ranch: